
„Die Vergangenheit kann man nicht wiederholen."
Hört man "Der große Gatsby", tauchen sie auf, die Bilder mit Charleston und Champagner im Glitzerrausch der Roaring Twenties, aus Filmen mit Robert Redford und Leonardo di Caprio. Die Reichen und Schönen in all ihrem Luxus beschreibt F. Scott Fitzgerald 1925 in einer verhängnisvollen Geschichte, die später zum amerikanischen Kultroman aufsteigt. Das Theaterstück zeigt eine schillernde Party-Gesellschaft, die in schnellem Szenenwechsel das Publikum in eine vergangene Welt einlädt, die sich überraschenderweise als unsere eigene entpuppt.
2025 hat sich die Welt geändert. Doch Geldgier, Größenwahn, Machthunger, Rassismus, Verbrechen und Betrug - alles wiederholt sich und hat nichts von seiner Aktualität verloren. Aber auch die Träume sind geblieben. Vom gesellschaftlichen Aufstieg. Und von der ganz großen Liebe.
Jay Gatsby landet als junger, charmanter, aber armer Mann in der Welt der Reichen und Schönen. Und verliebt sich in die verwöhnte Daisy. Ihm ist jedoch klar, ohne Vermögen ist Daisy für ihn unerreichbar. In der Tat heiratet sie Tom, einen der Superreichen. Doch Jay glaubt an seinen Traum und verfolgt ihn jahrelang kompromisslos - gleichgültig, welche dunklen Geldquellen ihm dazu verhelfen sollen.
Nick, auf der Suche nach Erfolg, ist ebenfalls davon überzeugt, nur mit Geld in der Tasche eine schöne, reiche Frau erobern zu können. Im Gegensatz zu Gatsby weiß er: Die Vergangenheit kann man nicht wiederholen. Während Gatsby das Unmögliche versucht, erlebt Nick hautnah: Was so golden glänzt, verbirgt nur eine seelenlose Gesellschaft.
... Man könnte, je länger der mit knapp zwei Stunden kurzweilige Abend dauert, irgendwann die berühmte Stecknadel fallen hören. Im grauen, von Jens Hübner entworfenen Einheitsraum mit seinen wandseitigen Wolkenkratzersilhouetten genügen die von Heike Betz kostbar wie genau ausstaffierten Spieler und einige wenige Sitzmöbel, um ein ungemein dichtes, psychologisches Theater zu schaffen, das uns letzten Endes dazu zwingt, uns selbst die Frage zu stellen, was das denn ist: Glück. Dass Nick, Jay, Daisy und wie sie alle heissen, es in diesem Theaterleben kaum finden werden, entbindet ja nicht von der Hoffnung, dass „wir“ es besser machen oder wenigstens erträumen könnten. ...
Frank Piontek, 23.11.2025, Kulturbrief
Michael Thumser, 05.12.2025, Hochfranken Feuilleton